Die Zeit ist aus den Fugen.
Wie wahr – Hamlet ist es schon aufgefallen.
Nachdem in diesem Jahr dem Klimagott der Fauxpas unterlaufen ist, den Februar mit dem Januar verwechselt zu haben, wird jetzt am Ende des vom April nicht zu unterscheidenden März-Wochenendes an der Uhr gedreht. Die Medien behaupten, es handle sich um eine Zeitumstellung. Allein die Trübung des Realitätssinnes entschuldigt es, ein von Technikern ausgelöstes Funksignal zwecks Manipulation unserer Stundenzählung zu einem Akt der „Zeitumstellung“ zu erklären. Das ist es selbstverständlich nicht. Es ist alles ganz viel einfacher, simpler und trivialer als es gemeinhin gemacht wird. Jene eine Stunde, die den nächsten Sonntag zum schnellsten Sonntag des Jahres
macht – er wickelt sein Programm in 23 statt 24 Stunden ab – ist Teil des uns staatlicherseits verordneten Unterhaltungsprogramms, mehr nicht. Das war nicht immer so, das war einmal anders:
Erstmalig geschah es 1916, während des ersten Weltkrieges. Zum zweiten Mal hat sich der größte Beschleuniger aller Zeiten, der ein Tausendjähriges Reich in 12 Jahren abwickelte, am Gang der Uhren zu schaffen gemacht, und Anfang der Siebzigerjahre, im Gefolge der Ölkrise hat man dann wiederum die Normalzeit durch die Einführung der Sommerzeit unterbrochen. Immer mit dem Ziel, auf diese Weise Energie sparen zu können. Kurzum, die Manipulation der Uhrzeit gehört zum staatlichen Kriseninterventionsinstrumentarium.


Welche Krise aber wird heute mithilfe von Uhrzeigern bewältigt? Energiesparmaßnahmen sind es nicht – denn sie treten, wie wissenschaftlich belegt, gar nicht ein. Zumal die inzwischen privatisierte Energiewirtschaft eher an einem höheren, als an einem niederen Stromverbrauch Interesse hat. Was aber ist der Grund für die Manipulation am kommenden Wochenende? In Berlin sagt man nichts dazu und schiebt die Verantwortung von dort nach Brüssel ab. Von dort hört man aber auch nicht viel mehr als die langweiligste aller Ausreden, dass man es macht, weil’s die anderen auch machen. Offiziell also Sendepause. Das aber ist gar nicht schlecht, so kann man sich selbst etwas ausdenken.
Und das ist unsere These: Dort, wo rasender Stillstand herrscht, muss – die Finanzwirtschaft macht’s mit anderen Mittel vor – so getan werden, als würde etwas geschehen. Es geschieht aber nichts, außer einem kalendarischen Buchungstrick, der im Herbst wieder korrigiert wird. Dass etwas geschieht, ohne dass etwas geschieht, ist nun mal endlich ein Grund, sich richtig aufzuregen – sonst nämlich geschähe ja nichts.


Nur zu, liebe Zeitgenossen – männliche wie weibliche – macht mit wenn der Staat bereitet das Vergnügen uns mal wieder etwas vorzulügen.


P.S.: Noch etwas: Wer es hin bekommt, die Sonnenuhr eine Stunde vorzustellen, wird der nächste Bundespräsident.

Zeitgeistiges zur Uhrumstellung, März 2012